die Suche nach Qualität / gesichertes Wissen
„Das sind Dinge, von denen ich gar nichts wissen will“ Der Song der Gruppe „Die Ärzte“ diente den Verantwortlichen im Management der Automobilindustrie im Vorfeld des Diesel Skandals wohl als Strategie für Ihr Handeln. Jetzt können die Bauernopfer in den Entwicklungsabteilungen ausgewählt werden. Wer glaubt wirklich daran, dass Entwicklungsingenieure Motorsteuerungssoftware manipuliert haben, ohne Wissen des Managements. Doch was hat dieser Diesel Skandal nun mit Qualität zu tun?
Der Qualitätsbegriff muss umfassend für ein Produkt gültig sein. Offizielle Aussagen von und über ein Produkt sind eben auch Bestandteil von Qualität.
Ein Problem für die Akteure ergibt sich jedoch in einem Umfeld, in der offensichtliche Halbwahrheiten und Lügen, in der Werbung für ein Produkt, als Werbegag gesellschaftlich toleriert werden. Die Grenze zwischen Werbung und wahrheitsgemäßer Information ist für viele nicht mehr sichtbar. Doch in unserer extrem arbeitsteiligen Gesellschaft lässt es sich mit wenig Detailkenntnis sehr gut texten und noch wichtiger, sogar mit einem reinen Gewissen. Es können Aussagen über Produkte formuliert werden, die rein gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Ohne Detailkenntnis lebt es sich unbeschwerter. Im heutigen Management wird das Wissen über Details, gar als detailverliebtheit diskreditiert. Doch wie soll ohne das Wissen über Details Qualität entstehen? In einer Produktwelt in der ein winziges Bauteil über Funktion oder eben Nichtfunktion bestimmt. Es ist eigentlich mehr Detailkenntnis auf der Entscheidungsebene gefragt als immer weniger.
In der Antike wurde Wissen in zwei Kategorien eingeteilt. „das Wissen“ und „das gesicherte Wissen“. Wissen konnte man durch Bücher und Studien erlangen, gesichertes Wissen jedoch nur durch zusätzlich eigenes Tun und eigene Erfahrung. Heute gibt es diese Unterscheidung nicht mehr. Philosophische Denkweisen haben ab dem Mittelalter diese unterschiedlichen Wissenskategorien gleichgeschaltet. Teilweise sicher zurecht, denn Entscheidungen nur auf eigenen Erkenntnissen aufzubauen ist kaum möglich. Die Erkenntnis, dass gesichertes Wissen höher bewertet werden sollte, als ungesichertes Wissen muss jedoch wieder Einzug in unser heutiges Denken halten. Wir sehen die Folgen, wenn mangelnde Detailkenntnis, Basis für Entscheidungen ist. Der Berliner Flughafen ist für mich das Paradebeispiel für unkompetente Entscheidungen auf Basis ungesicherten Wissens.
Wolfgang Fünfgeld